Dass dieses träge Gefährt eine Bremse haben müsste, das kam den ersten Automobilbauern im 19. Jahrhundert kaum in den Sinn. Benz & Co. mussten ihre ganze Ingenieurskunst aufbieten, um den motorgetriebenen Wagen überhaupt in Schwung zu bringen. Ging der Fahrer „vom Gas“, blieb das Auto nach kurzer Zeit von selbst stehen. Erst 1902 wurde die Scheibenbremse patentiert – und es sollte weitere Jahrzehnte dauern, bis sich das heute unverzichtbare Sicherheitselement im Automobilbau durchsetzte.
Seile, Trommeln – und Scheiben
Als Erfinder der Scheibenbremse für Autos gilt Frederick William Lanchester. Als geistiges Vorbild könnte eine bereits 1894 patentierte Fahrradbremse gedient haben. Der Brite Lanchester war ein wahres Genie unter den Automobilpionieren, entwickelte er doch den Vierradantrieb, die Saugrohreinspritzung, den Turbolader und manches mehr. Ab 1905 baute Lanchester die Scheibenbremse in die Automobile seines eigenen Unternehmens ein, erreichte jedoch nicht die Serienreife. Verwundert hätte sich der Erfinder, der 1946 verarmt starb, die Augen gerieben, hätte er einen Blick in einen modernen Online-Marktplatz wie von DAPARTO geworfen: Hunderte von Bremsscheiben-Typen warten hier auf Käufer, aus Grauguss für den ausdauernden, täglichen Einsatz oder aus Siliziumkarbid für extreme Anforderungen.
Im frühen 20. Jahrhundert erinnerten die meisten „Bremssysteme“ eher heutigen Fahrrädern. Üblich waren per Hand betriebene Seilzüge, die zunächst ausschließlich auf die Hinterräder wirkten. Eine Alternative waren die erstmals um 1900 bei einem „Mercedes 35 PS“ eingesetzten Trommelbremsen. Mitte der 1920er-Jahre kam die erste hydraulische Vierradbremse auf den Markt.
Von der Kriegswirtschaft in die Serienproduktion
Nachdem schon im Zweiten Weltkrieg ein deutscher Panzer mit Scheibenbremsen ausgestattet war, fanden diese effizienten Bremsen auch in der Luftfahrt, bei Motorrädern und Rennwagen Verwendung. Öffentliche Aufmerksamkeit erregte der erfolgreiche Sportwagen Jaguar C-Type, der ab 1953 mit vier Scheibenbremsen ausgerüstet wurde. Serienmäßig und für Verbraucher erschwinglich gab es Scheibenbremsen ab Mitte der 1950er-Jahre – zuerst beim französischen Citroën DS und bald darauf bei englischen Modell Austin-Healey 100.
Heute gelten Bremsscheiben und Beläge als klassische Verschleißteile, die sich langsam immer weiter abnutzen. Die sogenannten Teilscheibenbremsen lassen oft einen guten äußeren Blick auf die Spuren zu: Wenn sich nach einigen Zehntausend Fahrkilometern tiefere Rillen in den Scheiben abzeichnen, ist es Zeit für ein Wechsel in der Werkstatt. Das ist etwas teurer als zu historischen Zeiten, zu denen ein neuer Seilzug gereicht hätte – aber allemal sicherer.